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7 Fragen an: Walfried Malleskat vom Filmmuseum Bendestorf

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Im Landkreis Harburg, zwischen der Lüneburger Heide und Hamburg liegt der Luftkurort Bendestorf. Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich hier einer der wichtigsten Standorte der westdeutschen Filmindustrie. Johannes Heesters, Zarah Leander und Gustav Fröhlich sind nur einige der zahlreichen Schauspieler, die in Bendestorf vor der Kamera standen. Neben vielen Heimatfilmen wurde auch der Anfang der 50er Jahre umstrittene Streifen „Die Sünderin“ in den Produktionsstudios vor den Toren Hamburgs gedreht. Mit diesem Film gelang Hauptdarstellerin Hildegard Knef ihr Durchbruch. Ebenso wie die Junge Film Union, die die Produktionsstudios in Bendestorf betrieb, hat auch das dort entstandene Filmmuseum eine bewegte Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen hinter sich. Zur Neueröffnung am 17. Februar haben wir den Vorsitzenden des Vereins Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V. , Herrn Walfried Malleskat interviewt.

1. Nicht nur die Filmstudios haben eine bewegte Geschichte hinter sich, auch das Museum blickt auf eine Vergangenheit mit Höhen und Tiefen zurück. Was ist in den letzten Jahren in Bendestorf geschehen?

Entstanden ist das Filmmuseum Bendestorf im Jahr 1989 auf Initiative des damaligen Bürgermeisters, und zwar nicht auf dem Filmgelände, sondern in einem Niedersachsen-Bauernhaus im Ort. Träger war die Gemeinde, denn damals gab es noch genügend Gelder für Kulturangebote. Das hat sich leider gewandelt. Um das Studio und das Filmgelände selber war es zwischenzeitlich auch nicht gut bestellt. Im Jahr 2011 stand alles kurz vor dem Abriss, es sollten neue Wohnungen auf dem Gelände entstehen. Noch im gleichen Jahr haben wir den Verein „Freundeskreis Filmmuseum Bendestorf e.V.“ gegründet und es gab auf Anhieb viele Interessenten und Mitglieder. Voraussichtlich dieses Frühjahr wird unser gemeinnütziger Verein die Trägerschaft von der Gemeinde übernehmen. Es ist uns gelungen, einen wichtigen Teil der Gebäude zu erwerben und hier soll nun nach und nach der „Kulturraum Produzentenkino Bendestorf“ entstehen, der aus vier Säulen besteht:

  • Das Filmmuseum im oberen Teil des Gebäudes
  • Eine offene Ausstellung im unteren Teil des Gebäudes, der Raum für wechselnde Ausstellungen bieten wird
  • Das Kino, das in den 50er Jahren eingerichtet wurde und dem Studio zunächst als Produzentenkino diente, dann als öffentliches Kino fungierte und zwischenzeitlich als Tonstudio genutzt wurde
  • Nicht zuletzt geht es darum, die filmhistorische Stätte weiterhin in seinem ursprünglichen Sinne zu nutzen: für das Filmemachen. Zusammen mit der „Heide Wendland Klappe“ wird es Workshops geben, in denen wieder Filme entstehen. Heute aber natürlich auch mit Hilfe neuester Digitaltechnik.

2. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges landete der ehemalige Ufa-Volontär Rolf Meyer auf der Flucht mit dem Fahrrad in Bendestorf und gründete hier die Filmstudios. Wie sind Sie in Bendestorf gelandet?

Ich bin im Jahr 2000 von der Stadt aufs Land gezogen. Die Gegend kannte ich, denn ich war zuvor schon häufiger hier mit dem Hund spazieren. Ich habe Kommunikation und Ästhetik studiert, daher hat mich das Filmstudio natürlich sofort fasziniert, auch wenn ich von Berufswegen her eher ein Spezialist für das Standbild bin.
Als wir hergezogen sind, habe ich mich für das Museum engagiert und im Jahr 2006 eine erste Sonderausstellung organisiert. Das hat die Öffentlichkeit erstmals seit längerer Zeit wieder auf den Ort und das Studio aufmerksam gemacht und sehr langsam auch zu einem Bewusstseinswandel bei den Gemeinderäten geführt.

3. Welche Barrieren/Hindernisse mussten bewältigt werden, um das Museum auf die Beine zu stellen?

Im Jahr 2014 gab es zusammen mit dem MWK (dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur) eine Inspektion der Filmstudios. Das Ministerium wollte uns bei dem Vorhaben, hier einen Kulturraum zu schaffen finanziell unterstützen. Nach dem Termin ist man davon ausgegangen, dass das Gebäude so bestehen und genutzt werden kann. Wir hatten geplant, dass der Kulturbetrieb schon 2015 starten könnte.

Doch die Baubehörde war da anderer Ansicht. Man bestand auf einen Bauantrag, für den die gleichen Bestimmungen wie für einen Neubau gelten: Daher mussten wir zahlreiche neue Bestimmungen zum Brandschutz, für Fluchtwege und auch für die Barrierefreiheit einhalten. So wurden sehr aufwändige und teure Umbaumaßnahmen notwendig, wie zum Beispiel auch der neue Aufzug, der den Zugang zum Museum für Rollstuhlfahrer sicherstellt.
Das hat die Kulturarbeit zurückgeworfen, auch ging uns wertvoller Platz dadurch verloren. Aber jetzt sind wir froh, dass wir all diese Barrieren überwunden haben und der Eröffnung nun nichts mehr im Wege steht.

4. Was sind Ihrer Ansicht nach die Highlights des Museums?

Hildegard KnefNatürlich steht im Museum das „Cineastische“, das bewegte Bild im Vordergrund: In der Ausstellung gibt es einen 45-minütigen Zusammenschnitt von Filmmaterial, das hier in Bendestorf entstanden ist. Wir zeigen aber natürlich auch die Technik dahinter, von den 50er Jahren bis heute. In der Ausstellung sind insgesamt fünf Filmprojektoren zu sehen, von den 50er Jahren bis zur modernen 2K Digitaltechnik mit Dolby 7.2 Sound. Natürlich zeigen wir nicht nur die Vorführtechnik, sondern auch die Post-Produktion. Auch hier gibt es von der Schneidetechnik und Tonbearbeitung der 50er Jahre bis zur digitalen Technik von heute einiges zu sehen. Schließlich gibt es eine dreidimensionale Hologramm-Installation, die unter Anderem eine Szene mit Hildegard Knef aus dem Skandal-Film „Die Sünderin“ zeigt.

 

5. Bendestorf wird in der Presse immer wieder als „Heide Hollywood“ bezeichnet…

Ja, grauenhaft! Auch Hans Deppe hat hier in Bendestorf gedreht, aber unter den mehr als 100 Produktionen aus Bendestorf waren grade mal drei klassische „Heidestreifen“. Nun gut, so ist das eben…

6. Welchen Film „Made in Bendestorf“ sollte man auf jeden Fall gesehen haben?

Wenn Sie mich fragen: „Es geschehen noch Wunder“, von und mit Willi Forst, der zweite Film mit Hildegard Knef. In Deutschland gilt der Film als verschollen, weder das Deutsche Filminstitut in Frankfurt noch das Bundesarchiv Filmarchiv in Berlin oder die Murnaugesellschaft in Bielefeld haben ein Exemplar. Über einen Kontakt zum Filmmuseum Amsterdam haben wir ein Exemplar des Films mit holländischen Untertiteln bekommen. Wahrscheinlich ist es das einzige Exemplar in Deutschland.

7. Wie geht es weiter mit dem Kulturraum Bendestorf?

Zarah LeanderAm 17. Februar haben wir das Museum mit großem Zulauf und großem medialen Echo eröffnet. Viele überregionale Medien haben darüber berichtet. Der Start hätte nicht besser laufen können und wir verzeichnen seitdem sehr gute Zahlen. Das nächste Projekt , das womöglich noch in der ersten Jahreshälfte 2017 startet, ist das Kino. Wir planen wieder regelmäßige Vorführungen im ehemaligen Produzentenkino, das in seinem Zustand wahrscheinlich ebenfalls einmalig ist in Deutschland. Es soll zunächst eine Vorstellung in der Woche geben, geplant ist das jeden Donnerstag um 19.00 Uhr, eine Stunde nach Museumsschluss. Zusätzlich sind auch Sonntags-Matineen geplant. Die Öffnungszeiten für das Museum sind Donnerstags von 16 bis 18 Uhr und Sonntags von 15 bis 17 Uhr. Für Gruppen ab Acht Personen sind auch zusätzliche Termine nach Vereinbarung möglich.

Das Bild rechts zeigt die schwedische Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander.

 

Weitere Infos:

Filmmuseum Bendestorf
Am Schierenberg 2
21227 Bendestorf

www.film-bendestorf.de

 

Das Titelbild zeigt Maria Rökk, das zweite Bild Hildegard Knef. Auf dem unteren Bild ist die schwedische Schauspielerin und Sängerin Zarah Leander zu sehen. Alle drei standen in Bendestorf vor der Kamera. Die Bilder wurden uns von Herrn Malleskat vom Filmmuseum Bendestorf mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

 

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